Mangel an Stoffen bestimmt die Mode

Mode 1944:

Mode ist 1944 im Deutschen Reich kein Thema mehr; es gibt weder Modezeitschriften noch Modeschauen. Die Frauen sind einzig und allein auf ihren eigenen Einfallsreichtum angewiesen, wenn sie etwas »Kleidsames« tragen wollen. Die Röcke sind kniekurz, glockig oder in Falten gelegt; Mäntel und Kostümjacken sind größtenteils tailliert. Da alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigt werden muss, kommt es vor allem darauf an, praktische Kleidung zu tragen.

Das meiste wird von eigener Hand kreiert, egal ob es Schuhe aus Lederabfällen und mit dicken Kork- oder Holzsohlen sind oder ob es sich dabei um einen Turban aus einem Stück Crêpe handelt. Kunstseidenstrümpfe gibt es kaum noch; an ihrer Stelle trägt man im Winter warme gestrickte Wollstrümpfe, im Sommer leichte Söckchen.

In Großbritannien sieht man die Frauen nur noch in Uniform. Für die von der Regierung auferlegte »Nützlichkeitskleidung« gibt es jedoch nicht einmal mehr Knöpfe, so dass die Frauen vom Mantel zum Cape übergehen müssen.

Nur im besetzten Frankreich sieht die Situation etwas anders aus: Dort hält man sich weniger an die auferlegten Einschränkungen. Sind offiziell für ein Kleid knapp drei Meter Stoff erlaubt, so verwendet mancher Pariser Schneider 15 m. Trägt die deutsche Frau ihr Haar hochgesteckt, so lässt es die Französin lose herunterfallen. Doch selbst in Paris gibt es nur einen Friseur, der Haare trocknen kann; der benötigte Strom wird mit Fahrrädern erzeugt.

Nach der Befreiung von Paris im August gibt es für die Couturiers kein Halten mehr – zumindest auf dem Zeichenblock. Die neue Frauenzeitschrift »Marie France« wird gegründet, und im Dezember erscheint wieder die französische Mode- und Frauenzeitschrift »Vogue« mit einer Befreiungsausgabe.

Die verbliebenen Couture-Häuser planen eine gemeinsame große Schau, die den Ruf der Pariser Mode in der Welt wieder festigen soll: Es handelt sich um eine Modenschau mit etwa 30 cm großen Püppchen, bekleidet mit den neuesten Pariser Modellen – ein bescheidener Anfang auf dem Weg zum Erfolg.

Chroniknet