Ausländische Arbeitskräfte müssen gegen Diskriminierungen kämpfen

Arbeit und Soziales 1969:

Angesichts von Vollbeschäftigung und Hochkonjunktur kann der Arbeitskräftebedarf in der Bundesrepublik nur noch mit Hilfe ausländischer Arbeiter gedeckt werden. Daher wird in zahlreichen Ländern Personal angeworben.

Am 27. November wird der 1000000ste Arbeiter aus Südosteuropa, der Türke Ismail Babader, in der Bundesrepublik begrüßt. Insgesamt sind Ende des Jahres 1,6 Millionen ausländische Arbeiter bei bundesdeutschen Unternehmen und Institutionen beschäftigt (damit rund 7% mehr als im Vorjahr). Die meisten der Beschäftigten stammen aus den Mittelmeerländern von Portugal bis zur Türkei. Die bundesdeutsche Wirtschaft wäre ohne die – z.T. mit großen Versprechungen angeworbenen – ausländischen Arbeitskräfte kaum konkurrenzfähig.

In der Bundesrepublik müssen sich die ausländischen Arbeiter und ihre Familienangehörigen jedoch häufig gegen pauschale Vorurteile wehren, die von einigen Boulevardblättern noch genährt werden. Konflikte um Arbeitsbedingungen werden so häufig zu Kämpfen zwischen »Deutschen« und »Ausländern«. Aber nicht nur die intolerante Einstellung vieler Bundesbürger macht den Ausländern zu schaffen, auch in materieller Hinsicht werden sie benachteiligt. Viele Arbeitskräfte müssen schlechter bezahlte oder schwierigere Arbeiten verrichten als ihre deutschen Kollegen.

Außerdem müssen sie häufig mit unzumutbaren Behausungen vorliebnehmen. Viele Vermieter ziehen aus der Wohnungsnot Profit. In einem kritischen Report für die Zeitschrift »konkret« schreibt der Journalist Günter Wallraff über eine zum »Wohnen« für 170 Ausländer ausgebaute Fabrikhalle: »Durch eine Sperrholzwand ist ein Teil der Fabrik abgetrennt worden. Die Kochstellen befinden sich in den Schlafräumen. Holzdielen sind an einigen Stellen von Ratten durchgefressen. Der Steilabhang vor den Unterkünften ist eine Müllhalde. Durch ein großes Eisenrohr quillt den Insassen der eigene Kot vors Fenster… die meisten sind länger als zwei Jahre hier einquartiert.«

Chroniknet