Wohnen in Großsiedlungen

Architektur 1926:

Exaktheit, Rationalität, Zweckmäßigkeit und Funktionalität – das sind die Kennzeichen der Bauten, die namentlich von deutschen Architekten – inspiriert von der Bewegung der Neuen Sachlichkeit – entworfen werden. Die Architektenvereinigung »Der Ring« (Gründungsdatum: 4. 7.1926), zu deren eminentesten Mitgliedern Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe, Hans Scharoun, Erich Mendelsohn und Peter Behrens gehören, setzt sich zum Ziel, internationale Kontakte zu knüpfen und so in größerem Rahmen Bauformen zu entwickeln, die der Zeit angemessen sind.

Ein wichtiger Bereich, auf den die Architekten ihr Augenmerk richten, sind großstädtische Siedlungen in aufgelockerter Bauweise mit preisgünstigen Mietwohnungen. Als exemplarisch ist das Siedlungsprojekt in Berlin-Britz anzusehen, mit dessen Planung Bruno Taut, der zusammen mit seinem Bruder Max in der Spreemetropole ein Architekturbüro unterhält, 1925 begonnen hat. Beide gehören dem »Ring« an.

In der Ausgabe vom 29. Juli stellt die »Berliner Illustrirte« das Bauvorhaben vor. Das Zentrum der Siedlung bildet eine großzügige hufeisenförmige Wohnanlage, die – unter Verzicht auf eine hierarchische Gliederung – ein architektonisches Bekenntnis zum Gleichheitsgrundsatz darstellt. Von den über 2800 Wohnungen, die in der Siedlung in Berlin-Britz entstehen, werden 1480 von der Gemeinnützigen Heimstätten-, Spar- und Bau-Aktiengesellschaft (GEHAG) errichtet, die hauptsächlich mit SPD-Mitgliedern besetzt ist und von den Gewerkschaften finanziert wird.

Dem Ziel, Wohnungen mit niedrigen Mieten, die auch für Arbeiterfamilien tragbar sind, zu schaffen, dient u. a. die Verwendung kostengünstiger standardisierter Formen und Bauteile.

Ähnliche Siedlungen sind in anderen deutschen Großstädten – Hamburg, Köln, Leipzig, Dresden, Stuttgart, Frankfurt am Main – in Planung bzw. schon in Bau.

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